Öffentliche Auftaktveranstaltung zum Klimaplan Brandenburg
am 25. Juni 2021
Eingangsstatement von Axel Vogel, Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz Brandenburg
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Abgeordnete, Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft,
aus der Zivilgesellschaft, anderer Ministerien,
von Kommunalbehörden und von Interessenverbänden,
liebe am Thema Interessierte,
Ich freue mich, dass sie alle unserer Einladung gefolgt sind.
Heute geben wir den offiziellen Startschuss für die Erstellung des Brandenburger Klimaplans. Wir wollen in Zukunft klimaneutral wirtschaften und leben. So hat es unsere Regierungskoalition verabredet. Der Klimaplan wird beschreiben, wie wir dies – auch unter Berücksichtigung der bundespolitischen Rahmensetzung – mit unseren landespolitischen Mitteln erreichen können. Seine Erarbeitung soll nicht allein im stillen Kämmerlein, sondern unter Beteiligung der brandenburgischen Öffentlichkeit erfolgen, also mit Ihnen. Selbstverständlich auch und gerade unter Beteiligung der jungen Menschen, wie heute vom Jugendforum Nachhaltigkeit und weiteren Verbänden gefordert. Unser Beteiligungsverfahren wird nachher noch ausführlicher dargestellt werden.
Ich brauche Ihnen jetzt nichts über Kipppunkte zu erzählen, ich brauche Ihnen nach dem Tornado über Tschechien nichts über Wetterextreme zu erzählen. Sie wissen, warum wir auf Klimaneutralität setzen und warum wir Klimaneutralität erreichen müssen.
Wir hatten ja in den letzten Wochen wegweisende Änderungen der klimapolitischen Rahmenbedingungen, insbesondere durch den als historisch zu bezeichnenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. April 2021, dass das vorherige Bundes-Klimaschutzgesetz zumindest in Teilen für verfassungswidrig erklärt hat und im Prinzip ein Grundrecht auf Klimaschutz als ein Freiheitsrecht definiert hat. Das heißt, dass diese Generation die notwendigen Einsparungen nicht auf die nächsten Generationen verlagern kann, sondern dass wir bereits gefordert sind, die notwendigen Einsparungen vorzunehmen. Und dabei ist das verfügbare Kohlendioxid-Budget der Maßstab. Auch dies ist eine wesentliche neue Aussage des Bundesverfassungsgerichts, um die Zielsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens erfüllen zu können.
Auch die EU-Institutionen haben sich auf ein EU-Klimaschutzgesetz mit dem verbindlichen Ziel einer klimaneutralen Europäischen Union (EU) bis spätestens 2050 verständigt, das eine erhöhte Treibhausgas-Minderung (THG-Minderung) von -55 Prozent vorschreibt, was am Ende für Deutschland einen höheren Minderungsbeitrag verlangt.
Durch das neue Klimaschutzgesetz, das gestern im Bundestag verabschiedet wurde, haben wir ein deutlich höheres bundespolitisches Ambitionsniveau beim Klimaschutz. Herr Rainer Baake, Direktor der Stiftung Klimaneutralität, den wir für unsere Auftaktveranstaltung gewinnen konnten, wird gleich zum erhöhten Ambitionsniveau beim Klimaschutz ausführen.
Was bedeutet das für Brandenburg?
Es bedeutet natürlich, dass wir unverzüglich handeln müssen. Das tun wir auch: Brandenburg handelt.
Mir ist es an dieser Stelle wichtig hervorzuheben, dass - obwohl in der Koalitionsvereinbarung von dem Ziel Klimaneutralität 2050 die Rede ist – wir nun aufgrund der geänderten bundespolitischen Rahmenbedingungen auf das Jahr 2045 fokussieren müssen und dass auch tun werden.
Der zu erstellende Klimaplan soll bestehende Strategien des Landes zu einer sektorübergreifenden, verbindlichen Klimaschutzstrategie mit einem konkreten Maßnahmenprogramm zur Zielerreichung weiterentwickeln. Er soll übergreifende und sektorspezifische Zwischenziele auf dem Weg zu einem klimaneutralen Brandenburg enthalten. Die Zuständigkeit für die jeweiligen Einzelstrategien und Maßnahmen verbleibt bei den Fachressorts. Mein Ministerium hat die zentrale Rolle bei der Erarbeitung des Klimaplans als Gesamtrahmen.
Dazu haben wir unser Haus auch ein wenig umgebaut. Wir haben nun ein eigeständiges Klimaschutzreferat und ein eigenständiges Klimaanpassungsreferat. Und wir haben uns einen sehr ambitionierten Zeitplan zur Erarbeitung des Klimaplans vorgenommen und starten mit voller Kraft in die nun kommende wichtige Phase. Mein Abteilungsleiter für Umwelt, Klimaschutz und Nachhaltigkeit, Axel Steffen, wird darauf später detailliert eingehen. Unsere Referatsleiterin Klimaschutz und Nachhaltigkeit, Daniela Setton, wird die Beteiligungsmöglichkeiten der Öffentlichkeit darstellen.
Wenn wir heute auf Brandenburg unter Gesichtspunkten der Treibhausgasemission sehen, liegen Licht und Schatten dicht beieinander.
Das Licht auf den ersten Blick ist, dass wir heute rund 57 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als noch 1990. Der Schatten ist allerdings, dass wir eine 20jährige Stagnationsphase hatten und erst seit 2018 wieder davon reden können, dass unsere Treibhausgasemissionen zurückgehen. Wir haben, bezogen auf das Jahr 1990, teilweise sehr deutliche Minderungsbeträge zu verzeichnen, in allen Sektoren, allerdings mit einer großen Ausnahme. Das ist der Verkehr, der kontinuierlich ansteigende Kohelndioxid-Emissionen (CO2-Emissionen) aufweist.
In den letzten drei Jahren konnten wir Minderungen von 18 Prozent erreichen, beziehungsweise 12 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Dabei hat eine wesentliche Rolle gespielt, dass zwei Kraftwerksblöcke in Jänschwalde aus der Nutzung genommen wurden und genommen werden und auf der anderen Seite auch der coronabedingte Wirtschaftseinbruch, der für ungefähr die Hälfte der Einsparungen des letzten Jahres verantwortlich gemacht werden kann. Das zeigt aber auch das Problem auf, dass wir uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen können. Wir können uns auch nicht nur auf den sich abzeichnenden Kohleausstieg verlassen, sondern wir werden in allen Sektoren deutlicher aufs Tempo drücken müssen, um unser Ziel der Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. Die Zwischenziele, die der Bund uns vorgegeben hat, kennen Sie auch. Sie werden am Ende auch von den Bundesländern miterwirtschaftet werden müssen.
Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen ist ambitioniert, aber nicht utopisch. Wir kennen die Schlüsseltechnologien, die es dazu bedarf. Wir brauchen ein Energiesystem, das vollständig auf Erneuerbaren Energien aufgebaut ist. Wir brauchen die schnelle Dekarbonisierung des Stromsektors, das heißt wir brauchen auch ein erhöhtes Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien, nicht nur der Windenergie. Hier geht es beispielsweise auch um Freiflächen-PV-Anlagen (Photovoltaik-Freiflächensolaranlagen (PV-FFA), die momentan in großem Maßstab zugebaut werden. Wir brauchen strombasierte Lösungen im Gebäudebereich und Straßenverkehr, Elektromobilität und Wärmepumpen als Leittechnologien. Wir brauchen ebenfalls den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft für prioritäre Anwendungen in der Industrie, Energiewirtschaft, im Schiffs- und Flugverkehr.
Der Kohleausstieg, der Energiesektor wird einen besonders hohen Beitrag schon in den nächsten Jahren leisten müssen. Die Bundesregierung hat sich und uns auferlegt, im Jahr 2030 nur noch 108 statt wie bisher geplant 175 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente auszustoßen.
Wenn Sie den Vergleich ziehen, dass wir allein in Jänschwalde und Schwarze Pumpe 2018 noch rund 33 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen haben, 2020 sehen Sie auch, dass die Kohlekraftwerke hier einen großen Beitrag werden leisten müssen. Auch unter den Gesichtspunkten eines gestiegenen CO2-Preises und einer Verknappung von Emissionsrechten kann das wesentlich schneller ablaufen als wir uns das bis heute vorgestellt haben. Uns ist wichtig, dass das nicht ungesteuert abläuft, sondern die Strukturanpassungsmaßnahmen, die wir in der Lausitz dafür brauchen, schneller von statten gehen.
Neu hinzugekommen im Bundesklimaschutzgesetz ist die Orientierung auf Treibhausgasenken, Wälder, Böden, Moore. Wir haben das Problem, dass hier methodisch noch immer nicht alles hundertprozentig klar ist. Da wird es noch einiges an Arbeit geben. Weniger ein Problem haben wir damit, hier in Brandenburg aktiv zu werden. Wir haben ein Moorschutzprogramm aufgelegt, betreiben ein Waldumbauprogramm und bringen die verstärkte Förderung von Humusböden in der Landwirtschaft voran.
Aber das ist es nicht alleine. Wir brauchen auch eine Umstellung in der Industrie. Die Industrie zeigt in Teilen ja auch schon den Wandel an. Ein Beispiel unter vielen: BASF (Badische Anilin- und Sodafabrik) hat in Schwarzheide den Startschuss für die Produktion von Batteriematerialen gegeben. Mein Kollege, Wirtschaftsminister Jörg Steinbach will Brandenburg zu einem Vorreiterland für die Wasserstoffwirtschaft entwickeln.
Daneben verzeichnen wir, dass Brandenburg immer noch Spitzenreiter beim Ausbau der Erneuerbaren Energien ist. Auch im Bereich Windenergie, allerdings auf einem deutlich niedrigeren Niveau als es noch vor wenigen Jahren der Fall war, weil in Deutschland der Zubau an Windenergieanlagen insgesamt gesehen nach unten gegangen ist. Beim Zubau von Photovoltaikanlagen auf Freiflächen geht es eher darum, diesen Prozess zu steuern, damit er nicht aus dem Ruder läuft.
Und wir haben im Verkehrssektor unseren Beitrag zu leisten. Hier geht es nicht nur um das Wegkommen vom Individualverkehr, hin zum Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Hier geht es auch um den Anteil des Umweltverbunds – also darum, neben dem ÖPNV den Rad- und Fußverkehr deutlich zu steigern. Und mein Ministerkollege Guido Beermann arbeitet daran, hier bis 2030 einen Anteil von 60 Prozent zu erreichen.
Die Erreichung von Klimaneutralität erfordert einen gewaltigen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kraftakt. Durch die Dekarbonisierung stehen in den meisten Lebens- und Arbeitsbereichen auch Veränderungen an. Hierbei ist klar, dass es auch wirtschaftliche Chancen geben kann, die genutzt werden müssen, um die hohen Klimaschutzstandards erfüllen zu können. Ein höherer CO2-Preis darf zudem nicht zu sozialen Schieflagen führen. Es werden deshalb gerade zu Recht Modelle für einen Entlastungsausgleich für die Bürgerinnen und Bürger und niedrigere Stromkosten diskutiert.
Wir sind sehr froh, dass wir bei der Bewältigung der vor uns liegenden Aufgaben sehr kompetente und erfahrene Partner an unserer Seite haben. Für die Erarbeitung unseres Klimaplan-Gutachtens, das ja die zentrale wissenschaftliche Grundlage für die Erarbeitung der Brandenburger Pfade zur Treibhausgasneutralität und die Ausarbeitung des Maßnahmenprogramms sein wird, konnten wir das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) gewinnen, das auch für Berlin schon entscheidende Gutachten erarbeitet hat. Der Leiter des Projekts, Prof. Dr. Bernd Hirschl, wird Ihnen später noch die einzelnen Schritte bei der Gutachtenerarbeitung vorstellen. Er ist zugleich Professor an der Brandenburgische Technische Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg, diese Anbindung an eine besonders vom Ausstieg aus der Kohle betroffene Region freut uns sehr.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich sehr, dass Sie heute so zahlreich an der Veranstaltung teilnehmen. Konsequenter und ambitionierter Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die wir nur mit vereinten Kräften erreichen können. Hier ist die Politik gefragt, aber natürlich auch die Industrie, die Energiewirtschaft, der Verkehrsbereich, die Wohnungswirtschaft, die Verbraucherinnen und Verbraucher, die Verkehrsteilnehmer genauso wie die Land- und Forstwirtschaft. Hier sind wir alle gefordert. Gemeinsam können wir es erreichen, gemeinsam werden wir es erreichen.
Vielen Dank!
Eingangsstatement von Axel Vogel, Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz Brandenburg
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Abgeordnete, Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft,
aus der Zivilgesellschaft, anderer Ministerien,
von Kommunalbehörden und von Interessenverbänden,
liebe am Thema Interessierte,
Ich freue mich, dass sie alle unserer Einladung gefolgt sind.
Heute geben wir den offiziellen Startschuss für die Erstellung des Brandenburger Klimaplans. Wir wollen in Zukunft klimaneutral wirtschaften und leben. So hat es unsere Regierungskoalition verabredet. Der Klimaplan wird beschreiben, wie wir dies – auch unter Berücksichtigung der bundespolitischen Rahmensetzung – mit unseren landespolitischen Mitteln erreichen können. Seine Erarbeitung soll nicht allein im stillen Kämmerlein, sondern unter Beteiligung der brandenburgischen Öffentlichkeit erfolgen, also mit Ihnen. Selbstverständlich auch und gerade unter Beteiligung der jungen Menschen, wie heute vom Jugendforum Nachhaltigkeit und weiteren Verbänden gefordert. Unser Beteiligungsverfahren wird nachher noch ausführlicher dargestellt werden.
Ich brauche Ihnen jetzt nichts über Kipppunkte zu erzählen, ich brauche Ihnen nach dem Tornado über Tschechien nichts über Wetterextreme zu erzählen. Sie wissen, warum wir auf Klimaneutralität setzen und warum wir Klimaneutralität erreichen müssen.
Wir hatten ja in den letzten Wochen wegweisende Änderungen der klimapolitischen Rahmenbedingungen, insbesondere durch den als historisch zu bezeichnenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. April 2021, dass das vorherige Bundes-Klimaschutzgesetz zumindest in Teilen für verfassungswidrig erklärt hat und im Prinzip ein Grundrecht auf Klimaschutz als ein Freiheitsrecht definiert hat. Das heißt, dass diese Generation die notwendigen Einsparungen nicht auf die nächsten Generationen verlagern kann, sondern dass wir bereits gefordert sind, die notwendigen Einsparungen vorzunehmen. Und dabei ist das verfügbare Kohlendioxid-Budget der Maßstab. Auch dies ist eine wesentliche neue Aussage des Bundesverfassungsgerichts, um die Zielsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens erfüllen zu können.
Auch die EU-Institutionen haben sich auf ein EU-Klimaschutzgesetz mit dem verbindlichen Ziel einer klimaneutralen Europäischen Union (EU) bis spätestens 2050 verständigt, das eine erhöhte Treibhausgas-Minderung (THG-Minderung) von -55 Prozent vorschreibt, was am Ende für Deutschland einen höheren Minderungsbeitrag verlangt.
Durch das neue Klimaschutzgesetz, das gestern im Bundestag verabschiedet wurde, haben wir ein deutlich höheres bundespolitisches Ambitionsniveau beim Klimaschutz. Herr Rainer Baake, Direktor der Stiftung Klimaneutralität, den wir für unsere Auftaktveranstaltung gewinnen konnten, wird gleich zum erhöhten Ambitionsniveau beim Klimaschutz ausführen.
Was bedeutet das für Brandenburg?
Es bedeutet natürlich, dass wir unverzüglich handeln müssen. Das tun wir auch: Brandenburg handelt.
Mir ist es an dieser Stelle wichtig hervorzuheben, dass - obwohl in der Koalitionsvereinbarung von dem Ziel Klimaneutralität 2050 die Rede ist – wir nun aufgrund der geänderten bundespolitischen Rahmenbedingungen auf das Jahr 2045 fokussieren müssen und dass auch tun werden.
Der zu erstellende Klimaplan soll bestehende Strategien des Landes zu einer sektorübergreifenden, verbindlichen Klimaschutzstrategie mit einem konkreten Maßnahmenprogramm zur Zielerreichung weiterentwickeln. Er soll übergreifende und sektorspezifische Zwischenziele auf dem Weg zu einem klimaneutralen Brandenburg enthalten. Die Zuständigkeit für die jeweiligen Einzelstrategien und Maßnahmen verbleibt bei den Fachressorts. Mein Ministerium hat die zentrale Rolle bei der Erarbeitung des Klimaplans als Gesamtrahmen.
Dazu haben wir unser Haus auch ein wenig umgebaut. Wir haben nun ein eigeständiges Klimaschutzreferat und ein eigenständiges Klimaanpassungsreferat. Und wir haben uns einen sehr ambitionierten Zeitplan zur Erarbeitung des Klimaplans vorgenommen und starten mit voller Kraft in die nun kommende wichtige Phase. Mein Abteilungsleiter für Umwelt, Klimaschutz und Nachhaltigkeit, Axel Steffen, wird darauf später detailliert eingehen. Unsere Referatsleiterin Klimaschutz und Nachhaltigkeit, Daniela Setton, wird die Beteiligungsmöglichkeiten der Öffentlichkeit darstellen.
Wenn wir heute auf Brandenburg unter Gesichtspunkten der Treibhausgasemission sehen, liegen Licht und Schatten dicht beieinander.
Das Licht auf den ersten Blick ist, dass wir heute rund 57 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als noch 1990. Der Schatten ist allerdings, dass wir eine 20jährige Stagnationsphase hatten und erst seit 2018 wieder davon reden können, dass unsere Treibhausgasemissionen zurückgehen. Wir haben, bezogen auf das Jahr 1990, teilweise sehr deutliche Minderungsbeträge zu verzeichnen, in allen Sektoren, allerdings mit einer großen Ausnahme. Das ist der Verkehr, der kontinuierlich ansteigende Kohelndioxid-Emissionen (CO2-Emissionen) aufweist.
In den letzten drei Jahren konnten wir Minderungen von 18 Prozent erreichen, beziehungsweise 12 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Dabei hat eine wesentliche Rolle gespielt, dass zwei Kraftwerksblöcke in Jänschwalde aus der Nutzung genommen wurden und genommen werden und auf der anderen Seite auch der coronabedingte Wirtschaftseinbruch, der für ungefähr die Hälfte der Einsparungen des letzten Jahres verantwortlich gemacht werden kann. Das zeigt aber auch das Problem auf, dass wir uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen können. Wir können uns auch nicht nur auf den sich abzeichnenden Kohleausstieg verlassen, sondern wir werden in allen Sektoren deutlicher aufs Tempo drücken müssen, um unser Ziel der Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. Die Zwischenziele, die der Bund uns vorgegeben hat, kennen Sie auch. Sie werden am Ende auch von den Bundesländern miterwirtschaftet werden müssen.
Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen ist ambitioniert, aber nicht utopisch. Wir kennen die Schlüsseltechnologien, die es dazu bedarf. Wir brauchen ein Energiesystem, das vollständig auf Erneuerbaren Energien aufgebaut ist. Wir brauchen die schnelle Dekarbonisierung des Stromsektors, das heißt wir brauchen auch ein erhöhtes Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien, nicht nur der Windenergie. Hier geht es beispielsweise auch um Freiflächen-PV-Anlagen (Photovoltaik-Freiflächensolaranlagen (PV-FFA), die momentan in großem Maßstab zugebaut werden. Wir brauchen strombasierte Lösungen im Gebäudebereich und Straßenverkehr, Elektromobilität und Wärmepumpen als Leittechnologien. Wir brauchen ebenfalls den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft für prioritäre Anwendungen in der Industrie, Energiewirtschaft, im Schiffs- und Flugverkehr.
Der Kohleausstieg, der Energiesektor wird einen besonders hohen Beitrag schon in den nächsten Jahren leisten müssen. Die Bundesregierung hat sich und uns auferlegt, im Jahr 2030 nur noch 108 statt wie bisher geplant 175 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente auszustoßen.
Wenn Sie den Vergleich ziehen, dass wir allein in Jänschwalde und Schwarze Pumpe 2018 noch rund 33 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen haben, 2020 sehen Sie auch, dass die Kohlekraftwerke hier einen großen Beitrag werden leisten müssen. Auch unter den Gesichtspunkten eines gestiegenen CO2-Preises und einer Verknappung von Emissionsrechten kann das wesentlich schneller ablaufen als wir uns das bis heute vorgestellt haben. Uns ist wichtig, dass das nicht ungesteuert abläuft, sondern die Strukturanpassungsmaßnahmen, die wir in der Lausitz dafür brauchen, schneller von statten gehen.
Neu hinzugekommen im Bundesklimaschutzgesetz ist die Orientierung auf Treibhausgasenken, Wälder, Böden, Moore. Wir haben das Problem, dass hier methodisch noch immer nicht alles hundertprozentig klar ist. Da wird es noch einiges an Arbeit geben. Weniger ein Problem haben wir damit, hier in Brandenburg aktiv zu werden. Wir haben ein Moorschutzprogramm aufgelegt, betreiben ein Waldumbauprogramm und bringen die verstärkte Förderung von Humusböden in der Landwirtschaft voran.
Aber das ist es nicht alleine. Wir brauchen auch eine Umstellung in der Industrie. Die Industrie zeigt in Teilen ja auch schon den Wandel an. Ein Beispiel unter vielen: BASF (Badische Anilin- und Sodafabrik) hat in Schwarzheide den Startschuss für die Produktion von Batteriematerialen gegeben. Mein Kollege, Wirtschaftsminister Jörg Steinbach will Brandenburg zu einem Vorreiterland für die Wasserstoffwirtschaft entwickeln.
Daneben verzeichnen wir, dass Brandenburg immer noch Spitzenreiter beim Ausbau der Erneuerbaren Energien ist. Auch im Bereich Windenergie, allerdings auf einem deutlich niedrigeren Niveau als es noch vor wenigen Jahren der Fall war, weil in Deutschland der Zubau an Windenergieanlagen insgesamt gesehen nach unten gegangen ist. Beim Zubau von Photovoltaikanlagen auf Freiflächen geht es eher darum, diesen Prozess zu steuern, damit er nicht aus dem Ruder läuft.
Und wir haben im Verkehrssektor unseren Beitrag zu leisten. Hier geht es nicht nur um das Wegkommen vom Individualverkehr, hin zum Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Hier geht es auch um den Anteil des Umweltverbunds – also darum, neben dem ÖPNV den Rad- und Fußverkehr deutlich zu steigern. Und mein Ministerkollege Guido Beermann arbeitet daran, hier bis 2030 einen Anteil von 60 Prozent zu erreichen.
Die Erreichung von Klimaneutralität erfordert einen gewaltigen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kraftakt. Durch die Dekarbonisierung stehen in den meisten Lebens- und Arbeitsbereichen auch Veränderungen an. Hierbei ist klar, dass es auch wirtschaftliche Chancen geben kann, die genutzt werden müssen, um die hohen Klimaschutzstandards erfüllen zu können. Ein höherer CO2-Preis darf zudem nicht zu sozialen Schieflagen führen. Es werden deshalb gerade zu Recht Modelle für einen Entlastungsausgleich für die Bürgerinnen und Bürger und niedrigere Stromkosten diskutiert.
Wir sind sehr froh, dass wir bei der Bewältigung der vor uns liegenden Aufgaben sehr kompetente und erfahrene Partner an unserer Seite haben. Für die Erarbeitung unseres Klimaplan-Gutachtens, das ja die zentrale wissenschaftliche Grundlage für die Erarbeitung der Brandenburger Pfade zur Treibhausgasneutralität und die Ausarbeitung des Maßnahmenprogramms sein wird, konnten wir das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) gewinnen, das auch für Berlin schon entscheidende Gutachten erarbeitet hat. Der Leiter des Projekts, Prof. Dr. Bernd Hirschl, wird Ihnen später noch die einzelnen Schritte bei der Gutachtenerarbeitung vorstellen. Er ist zugleich Professor an der Brandenburgische Technische Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg, diese Anbindung an eine besonders vom Ausstieg aus der Kohle betroffene Region freut uns sehr.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich sehr, dass Sie heute so zahlreich an der Veranstaltung teilnehmen. Konsequenter und ambitionierter Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die wir nur mit vereinten Kräften erreichen können. Hier ist die Politik gefragt, aber natürlich auch die Industrie, die Energiewirtschaft, der Verkehrsbereich, die Wohnungswirtschaft, die Verbraucherinnen und Verbraucher, die Verkehrsteilnehmer genauso wie die Land- und Forstwirtschaft. Hier sind wir alle gefordert. Gemeinsam können wir es erreichen, gemeinsam werden wir es erreichen.
Vielen Dank!